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Nachvollziehbare Bürgerbeteiligung für die Zukunft des Herzogenriedparks

Nach der Vorschlags- und Diskussionsphase, sollten die Ideen mit Punkten bewertet werden | Foto: Hans-Jürg Liebert

Seit Sommer 2017 gab und gibt es immer wieder Aufregung um die Zukunft des Herzogenriedparks. Bei Workshops sollen die Bürger*innen nun mitreden.

Zur Vorgeschichte
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Den Anfang machte Bürgermeisterin Felicitas Kubala mit dem Gedanken, den Herzogenriedpark zu öffnen, Zaun und Eintrittskassen abzubauen und den Park jederzeit für alle zugänglich zu machen. Das führte zu einem Sturm der Entrüstung, vor allem bei vielen täglichen Nutzern des Parks und wurde deutlich abgelehnt. Den nächsten Aufreger produzierte der Leiter der Stadtparks, Herr Joachim Költzsch, als er in der Öffentlichkeit sehr konkrete Pläne für die Zukunft des Herzogenriedparks vorstellte. Er bezog sich hierbei auf Befragungen der Park-Nutzer*innen, konnte aber weder konkrete Fragen, Fragebögen oder genaue Zahlen dazu vorlegen. Die interessierte Öffentlichkeit bekam den Eindruck, hier seien bereits Entscheidungen gefallen und die präsentierten Planungsüberlegungen seien bereits beschlossene Sache. Dazu kam die Entwicklung im Park direkt: Bisher regelmäßig bepflanzte Flächen wurden zurückgebaut, die Anzahl von Blüten und Blumen ging deutlich zurück, obwohl die Bürgermeisterin Frau Kubala gleichzeitig die Mannheimer Bürger*innen dazu aufrief, auf möglichst vielen Plätzen und Flächen insekten- und bienenfreundliche Blumen zu pflanzen. Notwendige Reparaturen wurden nicht gemacht, die Wege wurden immer weniger gepflegt, der “Teich” am Wasserspielplatz blieb trocken und gammelte vor sich, das kaputte Floß wurde nicht ersetzt usw.

In dieser Situation gründete sich eine “Aktionsgemeinschaft Herzogenriedpark”, die als vorrangiges Ziel hatte, zur Zukunft und Neugestaltung des Parks eine öffentliche Diskussion anzuregen und v.a. eine ernsthafte Bürgerbeteiligung durchzusetzen. Die Aktionsgemeinschaft wollte nicht nur eine Anhörung der Bürger*innen, sondern eine echte Beteiligung. Nachdem diese Aktionsgemeinschaft in kurzer Zeit mehrere hundert Unterschriften für eine echte Bürgerbeteiligung sammelte, entschloss sich die Stadtpark gGmbH im Frühsommer 2018, die Schritte für eine qualifizierte und breite Bürgerbeteiligung einzuleiten. Geplant wurden insgesamt drei Beteiligungsworkshops, von denen der erste jetzt stattfand.

Die beiden folgenden Workshops finden am 21. November 2018 und am 23. Januar 2019 statt.

Der erste Beteiligungsworkshop

Der Start

Neben Bürgerinnen und Bürgern erschienen auch zahlreiche Funktionsträger wie z.B Jennifer Yeboah (Quartiermanagement Herzogenried, 1. Reihe, vorne links), Linken-Stadtrat Thomas Trüper (1. Reihe, 3. v.l.) oder Umweltbürgermeisterin Felicitas Kubala (1. Reihe, 5. v.l.) | Foto: Hans-Jürg Liebert

Die IGMH hatte für diesen Workshop ihre Aula zur Verfügung gestellt, was sich im Laufe des Prozesses als äußerst günstig herausstellte. Mit der Durchführung und Moderation des Workshops war das “Institut für kooperative Planung und Sportentwicklung” (ikps) beauftragt worden. Das ikps wurde durch die beiden Geschäftsführer Dr. Stefan Eckl und Dr. Julia Thurn vertreten. Zur Unterstützung der notwendigen geistigen Kreativität an diesem Abend hatte Familie Keklik vom Restaurant Multihalle ein schönes Buffet aufgebaut.

Die Teilnehmenden werden begrüßt | Foto: Hans-Jürg Liebert

Ziemlich pünktlich um 18 Uhr konnte Herr Költzsch als Leiter der Stadtparks die gut gefüllten Reihen begrüßen. Er betonte in seiner Begrüßungsrede v.a. die Wichtigkeit der Bürgerbeteiligung, was auch dadurch zum Ausdruck gebracht würde, dass sie professionell begleitet und moderiert würde. Fast 60 Teilnehmer*innen waren gekommen, dabei neben vielen Anwohner*innen und Nutzer*innen des Parks auch die Leiter der städtischen Fachbereiche Bildung, Sport/Freizeit und Gesundheit, die gärtnerische Leiterin des Herzogenriedparks, einige Vertreter*innen des Gemeinderats und des Bezirksbeirates Neckarstadt-Ost und Vertreter*innen unterschiedlicher Einrichtungen (Schulen, Kitas, Jugendhaus) aus dem Herzogenried.

Waltraud Schlepps, Mitbegründerin der Aktionsgemeinschaft Herzogenriedpark erwartete von diesem ersten Workshop “viele kreative Ideen von vielen unterschiedlichen Nutzergruppen” und wünschte sich, “dass nicht von vornherein die Finanzierungskeule das Denken einschränkt”. Bei den Unterschriftensammlungen habe sie von unterschiedlichen Menschen und Altersgruppen eine große Wertschätzung für den Park erlebt, aber oft verbunden mit dem Hinweis auf Negativentwicklungen in den letzten zwei Jahren. Dr. Stefan Eckl vom ikps war neugierig zu hören,“wie der Park bei den Nutzern wahrgenommen wird und welcher Verbesserungsbedarf heute Abend formuliert wird”, während Michael Harbrecht, Chef des Jugendhauses Herzogenried, vor allem daran interessiert war, “welche Ideen für Kinder und Jugendliche formuliert werden und ob entsprechende Sportarten wie z.B. Inliner, Skater und Bouldern bei der Zukunftsplanung des Parks ihren Platz finden.”

Die Vorsitzende des Aufsichtsrates der Stadtpark GmbH, Bürgermeisterin Felicitas Kubala, betonte in ihrem Grußwort die Bedeutung des Herzogenriedparks für die Bewohner*innen der gesamten Neckarstadt und der angrenzenden Stadtteile. Sie freute sich über die große Beteiligung und hoffte, “dass sich in der Auseinandersetzung von unterschiedlichen Interessen und Wünschen deutliche Schnittmengen herauskristallisieren.” Dann könne man prüfen, “was davon schnell umsetzbar sei und was längerfristig angegangen werden müsse”. Sie wünschte den Teilnehmer*innen und der Veranstaltung ein gutes Gelingen.

Dr. Stefan Eckl stimmte die Anwesenden mit einem Vortrag über die generelle Bedeutung von Parks für eine Stadt ein. Diese erläuterte er an den sieben Bereichen “Gesundheit, Bewegung, Sport“, “Spielen für Jung und Alt“, “Ruhe, Erholung, Entspannung“, “Naturerlebnis“, “Bildung und Lernen“, “Begegnung und Kommunikation“ und “Rahmenbedingungen (Öffnungszeiten, Kiosk, Gastronomie etc.)“. Dazu hatte er aus unterschiedlichen Parks anderer großer Städte viele Fotos mitgebracht, die er zu den einzelnen Bereichen erläuterte. Dazu gehörten z.B. ein “Yogawald der Stille“, ein grünes Klassenzimmer, eine professionell gestaltete Joggingstrecke und interessante Spielgeräte. Aber auch Wegstrecken für mobilitätseingeschränkte Menschen, “Wochenplan Sport im Park“, ein Barfuß- und Matschpfad, eine Slackline-Vorrichtung oder wunderbare Hängematten zum Chillen zeigten, was alles möglich ist und was alles sein könnte. Diese Fotos hatten ihre Wirkung, denn bei den späteren Beiträgen der Teilnehmer*innen fand sich die eine oder andere Idee wieder.

Nach diesem sehr anregenden Vortrag erläuterte Dr. Stefan Eckl das weitere Vorgehen und gab den Start für die nächste Runde.

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Der Austausch

In kürzester Zeit war an allen Tischen eine rege Diskussion im Gange | Foto: Hans-Jürg Liebert

Den sieben Bereichen entsprechend, die Eckl in seinem Vortrag erläutert hatte, waren am Rande der Aula sieben Tischgruppen mit den sieben Themen des Vortrages gestellt. Für jede Tischgruppe stand ein/e Moderator/in zur Verfügung und damit später eine Zusammenfassung, ein Abwägen und eine Gewichtung aller Ideen stattfinden konnte, sollte in allen Themengruppen gleich gearbeitet werden. Auf grünen Moderationskarten sollte festgehalten werden, welche Aspekte des Herzogenriedparks gut sind, auf rosafarbenen Karten sollte formuliert werden, was bei vorhandenen Angeboten verbessert werden könnte und die blauen Karten waren für weitere, ganz neue Ideen und Vorschläge reserviert.
Neben diesen sieben Tischgruppen gab es zusätzlich einen Tisch mit dem Thema “Was ich sonst noch anmerken möchte“.

Die Teilnehmer*innen wechselten von Tisch zu Tisch | Foto: Hans-Jürg Liebert

Die Teilnehmer*innen des Workshops nahmen dieses Angebot des Austauschs rasch und aktiv an und in kürzester Zeit war an allen Tischen eine rege Diskussion im Gange. Die Teilnehmer*innen gingen dabei von Tisch zu Tisch, formulierten und diskutierten überall ihre Ideen und hielten sie, wie gewünscht, auf den farbigen Moderationskarten fest. Innerhalb kürzester Zeit füllten sich die Pinnwände mit drei farbigen Streifen und den Teilnehmer*innen war es dadurch möglich auf einen Blick zu sehen, ob eine Farbe und damit ein Bereich (gut, verbesserungswürdig, neue Ideen) dominierte oder ob sich die Bereiche in etwa die Waage hielten. Frau Edith Werner, Mitarbeiterin in der Stadtparkverwaltung und Moderatorin am Thementisch “Rahmenbedingungen“ freute sich, dass die drei Kategorien so gut angenommen wurden und dass “in kurzer Zeit viele Ideen mit unterschiedlichen Meinungen gesammelt wurden.“ Dr. Julia Thurn (ikps) freute sich als Moderatorin am Thementisch “Spielen für Jung und Alt“ über “viele Ideen und gute Diskussionen, bei denen sich viele Überschneidungen ergeben haben.“

Bemerkenswert ist die Wertschätzung, mit denen die Teilnehmenden sich an den Thementischen begegneten und selbst bei sehr konträren inhaltlichen Positionen miteinander in ein konstruktives Gespräch gingen.

Nach etwa einer Stunde regen Austausches sammelten sich die Teilnehmer*innen zunächst wieder im Plenum und warteten neugierig darauf, wie es nun weitergehen sollte.

Die Gewichtung

Nach einem kurzen Austausch über das, was in den Tischgruppen geschehen war, erläuterte Dr. Eckl den nächsten Schritt, der sich als sehr günstig im Sinne des gesamten Abends herausstellen sollte. Jede/r Teilnehmer/in erhielt zehn grüne Klebepunkte, die auf den Moderationskarten angebracht sollte, welche die eigenen Vorstellungen und Ideen am deutlichsten wiedergaben. Das hatte zur Folge, dass alle Teilnehmer*innen noch einmal die acht Pinnwände abliefen und alle Moderationskarten zur Kenntnis nahmen, bevor sie dann ihre Gewichtung vornahmen. Auch das wurde ein sehr konstruktiver und dynamischer Prozess mit einem klaren Ergebnis für jede Pinnwand und weiteren engagierten Diskussionen bei den einzelnen Themenwänden.

In Gesprächen über die Eindrücke dieses Abends wurde eine sehr große Zufriedenheit formuliert. SPD-Stadtrat Thorsten Riehle sah seine Erwartung an “viele Anregungen und Ideen“ erfüllt und konnte sich freuen, dass sich seine persönlichen Wünsche – “keine Öffnung des Parks“ und “wieder mehr Pflanzen“ – auf etlichen Moderationskarten wiederfanden. Thomas Trüper, Stadtrat für Die Linke und Vorsitzender der Interessengemeinschaft Herzogenried war “sehr zufrieden”, erlebte “einen tollen Abend in konstruktiver Atmosphäre“ und zeigte sich “sehr zuversichtlich für den weiteren Prozess“. Herr Kaliske, Leiter des städtischen Fachbereichs Sport und Freizeit fand den Workshop “sehr gut“ und freute sich, “dass die Möglichkeit zum offenen Denken von den Teilnehmer*innen gut ausgenutzt wurde.“

Der Abschluss

Zum Abschluss des Abends erläuterte Dr. Stefan Eckl die nächsten Schritte im Beteiligungsprozess. Beim nächsten Workshop am 21. November 2018 wollen er und seine Mitarbeiter des ikps vorstellen, was beim ersten Workshop erarbeitet worden ist. Dabei sollen einzelne Themen näher betrachtet und Überschneidungen und Gegensätze deutlich gemacht werden. Die Gewichtung durch die abschließende Bepunktung macht es dabei auch möglich, zu sehen, welche Themen mit hohen Punktzahlen belegt sind und dadurch bei den weiteren konzeptionellen Überlegungen eventuell im Vordergrund stehen. Weiteres Ziel soll es sein, dort die Entwicklung von Alternativen voranzutreiben, wo starke Gegensätze zunächst keine klare Entwicklungsperspektive anbieten.

Sollten die beiden kommenden Workshops in ähnlicher Qualität und mit vergleichbarer Konstruktivität umgesetzt werden, dürfen die Gremien, die alsbald über das weitere Entwicklungskonzept des Herzogenriedparks entscheiden müssen, sicher sein, aus den drei Workshops eine gutes Fundament für eine Entscheidung geliefert zu bekommen.

Die beiden folgenden Workshops finden am 21. November 2018 und am 23. Januar 2019 statt.

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