Dieses Mal setzt sich unser Kolumnist Karlheinz Paskuda mit dem überraschenden SPD-Vorstoß für einen Mannheimer Wohnungsfonds auseinander.
Werbung
Wir sahen (und sehen zum Teil noch) Plakate der Mannheimer SPD mit dem Slogan „40 Millionen für einen Wohnungsfonds“. Der in Wohnungsfragen ambitionierte SPD-Fraktionsvorsitzende Ralf Eisenhauer hat mit dieser Forderung den zweiten überraschenden Vorstoß gewagt, nachdem kurz vorher bereits die Forderung nach einem Mietendeckel bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GBG für Aufmerksamkeit sorgte. Interessanterweise ist er selbst Angestellter der GBG-Tochtergesellschaft MWSP.
Nachdem GBG-Abrissprojekte und die unerfüllte Plakatkampagne der SPD („1000 neue preiswerte Wohnungen“) am Image der Partei kratzten, dürfen sich die Sozialdemokraten hier eigentlich keinen erneuten Flop leisten: Diese Forderungen nach Mietendeckel der GBG und nach einem Wohnungsfonds könnten eine Kehrtwende sein. Insbesondere der Wohnungsfonds könnte, folgt er dem Wiener Beispiel (dazu später mehr, Anm. d. Red.), bundesweit Vorbild werden. Im allerbesten Fall fahren Wohnungsexpert*innen in wenigen Jahren nicht mehr nach Wien, sondern nach Mannheim.
Mannheim muss in Wohnungsbau investieren, statt daran verdienen
Die geforderten 40 Millionen Euro würden bedeuten, dass die Stadt in Zukunft nicht mehr jährlich mit 1,5 Millionen Euro von den Gewinnen der GBG und damit vom Geld der Mieter*innen bezuschusst würde, sondern dass in den städtischen Haushalten der Jahre 2020 bis einschließlich 2023 jeweils 10 Millionen Euro für diesen neuen Wohnungsfonds eingestellt würden. Die ersten 20 Millionen Euro müssten demnach bereits im Haushalt 2020/2021 verankert werden, der Mitte Dezember beschlossen wird. Viel Geld, da dieser Betrag, wie wir wissen, im Etat-Entwurf der Verwaltung noch nicht eingestellt ist. Aber natürlich wären diese Gelder einfügbar, wenn die neue „linke Mehrheit“ der Fraktionen der Grünen, SPD und „LI.PAR.Tie.“ das beschlösse. Diese Mehrheit hat selbst ohne den Oberbürgermeister 27 von 49 Stimmberechtigten im Gemeinderat. Und zudem wäre es sehr blauäugig, wenn der Vorstoß für den Wohnungsfonds von Eisenhauer nicht mit Oberbürgermeister Peter Kurz abgestimmt wäre.
Merkwürdig ist nur, dass man jetzt, in der entscheidenden Zeit vor den Haushaltsbeschlüssen, keine Infoveranstaltungen zum Thema sieht, dass z.B. nicht Vertreter*innen aus Wien eingeladen sind, um Mannheimer*innen zu erklären, was ein solcher Fonds eigentlich ist und was er bewirkt. 40 Millionen Euro, die bisher nicht im Haushalt verankert sind, einzufordern, das muss schon fundiert geschehen, dazu genügen ein paar Plakate stadtweit nicht. Und der Aufschrei von FDP, CDU und ML ist ja absehbar.
Was ist überhaupt ein Wohnungsfonds?
Aber klären wir erst einmal, was ein solcher Wohnungsfonds eigentlich ist. Schauen wir dazu zunächst nach Wien. Auf Anfrage schreibt ein Vertreter des Fonds aus Wien:
Nach einem Beschluss im Wiener Gemeinderat wurde der Wiener Bodenbereitstellungs- und Stadterneuerungsfonds (WBSF) – nunmehr: wohnfonds_wien – 1984, mit einem Startkapital von 29 Millionen Euro, gegründet. Aus den ursprünglichen Aufgaben – die Bereitstellung von Grund und Boden für den geförderten Wohnungsneubau sowie die Beratung und Begleitung von Althaussanierungen – entwickelte sich ein weltweit beachtetes Stadterweiterungs- und Stadterneuerungsprogramm. Der wohnfonds_wien ist eine gemeinnützig tätige Organisation und fungiert als dienst-leistungsorientierte Koordinationsstelle – unter anderem zwischen Bauträgern, Hauseigentümerinnen und Hauseigentümern, ihren Vertretungen und Magistratsdienststellen der Stadt Wien. Unsere Aufgaben sind im Bereich Neubau zum einen das Liegenschaftsmanagement und zum anderen Projektentwicklung und Qualitätssicherung im geförderten Wiener Wohnbau durch Bauträgerwettbewerbe und Grundstücksbeirat sowie im Bereich der Sanierung die Vorbereitung und Durchführung von Stadterneuerungsmaßnahmen, insbesondere Beratung,Koordination und Kontrolle der geförderten Wohnhaussanierung und Entwicklung von Blocksanierungen. Die Finanzierung unserer Tätigkeit erfolgt nicht durch eine Beitragsleistung der Wienerinnen und Wiener sondern im wesentlichen durch den Verkauf von Liegenschaften aus unserer Bodenbevorratung im Zuge der Bereitstellung von Grund und Boden für den geförderten Wohnungsneubau sowie der Tätigkeit im Auftrag des Landes Wien im Bereich der Althaussanierung.
Kraftaufwand gegen jahrelange Fehlentwicklung in Mannheim
Wir sehen: Eine Vielzahl der Aufgaben des Wiener Wohnungsfonds könnte auch der Mannheimer Fonds in Zukunft übernehmen. Und auch die Anschubfinanzierung von 40 Millionen Euro (Wien,1984: 29 Millionen Euro) scheint durchaus vergleichbar.
Unklar ist aber die Zukunft des Fonds: Im Idealfall sollte er revolvieren, d.h. Einnahmen generieren, die ihn immer wieder mit Geld versorgen. Allein aus zukünftigen Mieten wird kein hoher Betrag zu erzielen sein. Und eine Bodenbevorratung (wie z.B. vorbildlich seit 100 Jahren in der Stadt Ulm) hat Mannheim nicht betrieben. Im Gegenteil: Sogar in jüngster Zeit wurden hier alle Konversionsflächen schnell an private Investor*innen verkauft. Hier entsteht ein großes Fragezeichen, wie der Fonds mittel- und langfristig gesichert werden kann.
Wer entscheidet?
In Wien: Oberstes Entscheidungsgremium ist das Kuratorium des „wohnfonds_wien“, in dem verschiedene Interessensorganisationen und die Stadt Wien vertreten sind.
In Mannheim: Die Stadt in Zusammenarbeit mit der GBG? Das wäre wohl nicht zielführend. Stattdessen sollte auch in Mannheim ein Kuratorium, in dem verschiedene Interessensorganisationen vom Mieterverein bis hin zur AG Barrierefreiheit über die konkrete Ausgestaltung des Fonds bestimmen können.
Was der Wohnungsfonds nicht ist
Er ist kein anderes Wort für „Wohnungsbauprogramm“. Ein Fonds ist langfristig orientiert und steuert wesentliche Teile der sozialen Stadtentwicklung. Vielleicht hat die SPD aber hier nur das Wort „Wohnungsfonds“ gewählt, weil ein „Wohnungsbauprogramm“ schon jahrelang eine Forderung der Mannheimer Linken war?
40 Millionen kommunale Gelder in vier Jahren für ein Wohnungsbauprogramm wären gegenüber der bisherigen Tatsache, dass die GBG stattdessen jährlich 1,5 Millionen Euro in den Stadthaushalt abführt, zumindest ein Fortschritt. Gemixt mit Landesmitteln könnten so in der Tat in vier Jahren circa 1000 preiswerte Neubauwohnungen in Mannheim entstehen; ähnlich wie in Ludwigshafen könnte dann die Kaltmiete in diesen Neubauten 6 Euro/qm betragen. Dies wäre zumindest ein Anfang, welcher in der aktuellen Notlage am Mannheimer Wohnungsmarkt helfen würde, aber kein Wohnungsfonds.
Werbung
Zarter wohnungspolitischer Rückenwind aus Berlin
Bundesweit sind es Linke und Grüne, die eine fortschrittliche Wohnungspolitik vorantreiben. So wurde der Mietendeckel in Berlin maßgeblich von der Linken gepuscht, von den Grünen mitgetragen, aber wäre beinahe am Regierenden Oberbürgermeister Michael Müller (SPD) gescheitert.
Für die Neue Wohnungsgemeinnützigkeit engagieren sich bundesweit die Linken und Grünen, in der SPD bisher leider nur einige wie z.B. Florian Pronold in seiner Zeit als Staatssekretär. Das Thema wurde allgemein vertagt, da parlamentarische Mehrheiten 2017 ohnehin nicht in Sicht waren. Jetzt könnte sich das – freilich mit anderen Gewichtungen, dank Höhenflug der Grünen – ändern.
Mutmaßlich stabile Mehrheit für Wohnungsfonds
In Mannheim erstaunt, dass der Vorstoß für einen Wohnungsfonds von der SPD kommt und sowohl Grüne (die jedoch Anfang Oktober als Erste ein Mietmoratorium für die GBG gefordert haben, Anm. d. Red.) als auch „LI.PAR.Tie.“ in diesem Punkt bisher sehr zurückhaltend sind. Längst hätten Grüne und „LI.PAR.Tie.“ mal öffentlich fragen sollen, was da mit dieser plakativen Forderung „40 Millionen Euro Wohnungsfonds“ eigentlich genau gemeint ist.
Und 40 Millionen Euro sind ja nicht gerade die übliche Rangiermasse, die bewegt wird, wenn Interessen einzelner Parteien in den Haushaltsberatungen bewegt und verschoben werden.
Und klar auch, dass ein gut gestalteter Wohnungsfonds im Interesse aller Parteien der „neuen linken Mehrheit“ ist. Eigentlich ist da auch nichts verhandelbar; oder wollen Grüne und „LI.PAR.Tie.“ dem Fonds nur zustimmen, wenn die SPD woanders Zugeständnisse macht? Das wäre reichlich absurd.
Etikettenschwindel vermeiden
Der Wohnungsfonds darf allerdings keine Mogelpackung werden. Er muss von der Stadt als zusätzliches Geld finanziert werden und darf nicht etwa Mittel, die die GBG ohnehin bisher für Sanierungen verwendet, nur neu etikettieren. Der Wohnungsfonds muss sich demokratischer Kontrolle unterwerfen: 40 Millionen Euro, die im Hinterzimmer vom Baubürgermeister und der GBG verteilt werden – das wäre eine erneute Enttäuschung.
Eisenhauer, der allgemein als wahrscheinlichster Nachfolger von Baubürgermeister Lothar Quast (SPD) gehandelt wird, hat mit den Werbeplakaten der SPD hoffentlich nicht nur hoch gepokert, sondern die Chancen für eine Neuorientierung der Mannheimer Wohnungspolitik vorher genau abgecheckt.
Welche Werkzeuge braucht eine neue Mannheimer Wohnungspolitik?
GBG-Mietendeckel, Wohnungsfonds, Leerstandskataster, keine weiteren „Rückbauten“ (= Abrisse) am Adolf-Damaschke-Ring, Aufkündigung der Kooperation mit einem großen Immobilienhai in Jungbusch und Neckarstadt, Milieuschutzsatzungen (nach Berliner Vorbild) in Neckarstadt-Ost, Lindenhof sowie Schwetzinger Vorstadt und vieles mehr würde zu einer solchen Umorientierung gehören.
Bloß die Versprechen nicht brechen
Wenn er die ersten zwei Punkte (GBG-Mietendeckel, Wohnungsfonds) nicht wie versprochen ordentlich verwirklicht, kann er zwar immer noch Baubürgermeister werden, aber sozialdemokratische Politik, die jetzt nur noch 21 Prozent der Mannheimer Bürger*innen gutheißt (Quelle: MM-Bürgerbarometer), würde weiter an Glaubwürdigkeit verlieren. Aber im Interesse einer neuen Mannheimer Wohnungspolitik wäre es eigentlich wünschenswert, dass Eisenhauer Erfolg hat.
Diese Webseite verwendet Cookies, um die Funktionalität zu ermöglichen, Inhalte darzustellen sowie für Statistiken und Werbung.
Funktionale Cookies
Immer aktiv
Die technische Speicherung oder der Zugang ist unbedingt erforderlich für den rechtmäßigen Zweck, die Nutzung eines bestimmten Dienstes zu ermöglichen, der vom Teilnehmer oder Nutzer ausdrücklich gewünscht wird, oder für den alleinigen Zweck, die Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz durchzuführen.
Vorlieben
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist für den rechtmäßigen Zweck der Speicherung von Präferenzen erforderlich, die nicht vom Abonnenten oder Benutzer angefordert wurden.
Statistiken
Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu statistischen Zwecken erfolgt.Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu anonymen statistischen Zwecken verwendet wird. Ohne eine Vorladung, die freiwillige Zustimmung deines Internetdienstanbieters oder zusätzliche Aufzeichnungen von Dritten können die zu diesem Zweck gespeicherten oder abgerufenen Informationen allein in der Regel nicht dazu verwendet werden, dich zu identifizieren.
Marketing
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist erforderlich, um Nutzerprofile zu erstellen, um Werbung zu versenden oder um den Nutzer auf einer Website oder über mehrere Websites hinweg zu ähnlichen Marketingzwecken zu verfolgen.
Ab 1 Euro pro Monat sorgst Du dafür, dass unabhängiger Lokaljournalismus in der Neckarstadt möglich bleibt.
Hilf mit, dass sich alle ohne Bezahlschranken informieren und mitreden können. Deine Unterstützung macht den Unterschied für eine informierte demokratische Gesellschaft. 🤝 Jetzt spenden und die Neckarstadt stärken!
Dieses Mal setzt sich unser Kolumnist Karlheinz Paskuda mit dem überraschenden SPD-Vorstoß für einen Mannheimer Wohnungsfonds auseinander.
Wir sahen (und sehen zum Teil noch) Plakate der Mannheimer SPD mit dem Slogan „40 Millionen für einen Wohnungsfonds“. Der in Wohnungsfragen ambitionierte SPD-Fraktionsvorsitzende Ralf Eisenhauer hat mit dieser Forderung den zweiten überraschenden Vorstoß gewagt, nachdem kurz vorher bereits die Forderung nach einem Mietendeckel bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GBG für Aufmerksamkeit sorgte. Interessanterweise ist er selbst Angestellter der GBG-Tochtergesellschaft MWSP.
Nachdem GBG-Abrissprojekte und die unerfüllte Plakatkampagne der SPD („1000 neue preiswerte Wohnungen“) am Image der Partei kratzten, dürfen sich die Sozialdemokraten hier eigentlich keinen erneuten Flop leisten: Diese Forderungen nach Mietendeckel der GBG und nach einem Wohnungsfonds könnten eine Kehrtwende sein. Insbesondere der Wohnungsfonds könnte, folgt er dem Wiener Beispiel (dazu später mehr, Anm. d. Red.), bundesweit Vorbild werden. Im allerbesten Fall fahren Wohnungsexpert*innen in wenigen Jahren nicht mehr nach Wien, sondern nach Mannheim.
Mannheim muss in Wohnungsbau investieren, statt daran verdienen
Die geforderten 40 Millionen Euro würden bedeuten, dass die Stadt in Zukunft nicht mehr jährlich mit 1,5 Millionen Euro von den Gewinnen der GBG und damit vom Geld der Mieter*innen bezuschusst würde, sondern dass in den städtischen Haushalten der Jahre 2020 bis einschließlich 2023 jeweils 10 Millionen Euro für diesen neuen Wohnungsfonds eingestellt würden. Die ersten 20 Millionen Euro müssten demnach bereits im Haushalt 2020/2021 verankert werden, der Mitte Dezember beschlossen wird. Viel Geld, da dieser Betrag, wie wir wissen, im Etat-Entwurf der Verwaltung noch nicht eingestellt ist. Aber natürlich wären diese Gelder einfügbar, wenn die neue „linke Mehrheit“ der Fraktionen der Grünen, SPD und „LI.PAR.Tie.“ das beschlösse. Diese Mehrheit hat selbst ohne den Oberbürgermeister 27 von 49 Stimmberechtigten im Gemeinderat. Und zudem wäre es sehr blauäugig, wenn der Vorstoß für den Wohnungsfonds von Eisenhauer nicht mit Oberbürgermeister Peter Kurz abgestimmt wäre.
Merkwürdig ist nur, dass man jetzt, in der entscheidenden Zeit vor den Haushaltsbeschlüssen, keine Infoveranstaltungen zum Thema sieht, dass z.B. nicht Vertreter*innen aus Wien eingeladen sind, um Mannheimer*innen zu erklären, was ein solcher Fonds eigentlich ist und was er bewirkt. 40 Millionen Euro, die bisher nicht im Haushalt verankert sind, einzufordern, das muss schon fundiert geschehen, dazu genügen ein paar Plakate stadtweit nicht. Und der Aufschrei von FDP, CDU und ML ist ja absehbar.
Was ist überhaupt ein Wohnungsfonds?
Aber klären wir erst einmal, was ein solcher Wohnungsfonds eigentlich ist. Schauen wir dazu zunächst nach Wien. Auf Anfrage schreibt ein Vertreter des Fonds aus Wien:
Kraftaufwand gegen jahrelange Fehlentwicklung in Mannheim
Wir sehen: Eine Vielzahl der Aufgaben des Wiener Wohnungsfonds könnte auch der Mannheimer Fonds in Zukunft übernehmen. Und auch die Anschubfinanzierung von 40 Millionen Euro (Wien,1984: 29 Millionen Euro) scheint durchaus vergleichbar.
Unklar ist aber die Zukunft des Fonds: Im Idealfall sollte er revolvieren, d.h. Einnahmen generieren, die ihn immer wieder mit Geld versorgen. Allein aus zukünftigen Mieten wird kein hoher Betrag zu erzielen sein. Und eine Bodenbevorratung (wie z.B. vorbildlich seit 100 Jahren in der Stadt Ulm) hat Mannheim nicht betrieben. Im Gegenteil: Sogar in jüngster Zeit wurden hier alle Konversionsflächen schnell an private Investor*innen verkauft. Hier entsteht ein großes Fragezeichen, wie der Fonds mittel- und langfristig gesichert werden kann.
Wer entscheidet?
Was der Wohnungsfonds nicht ist
Er ist kein anderes Wort für „Wohnungsbauprogramm“. Ein Fonds ist langfristig orientiert und steuert wesentliche Teile der sozialen Stadtentwicklung. Vielleicht hat die SPD aber hier nur das Wort „Wohnungsfonds“ gewählt, weil ein „Wohnungsbauprogramm“ schon jahrelang eine Forderung der Mannheimer Linken war?
40 Millionen kommunale Gelder in vier Jahren für ein Wohnungsbauprogramm wären gegenüber der bisherigen Tatsache, dass die GBG stattdessen jährlich 1,5 Millionen Euro in den Stadthaushalt abführt, zumindest ein Fortschritt. Gemixt mit Landesmitteln könnten so in der Tat in vier Jahren circa 1000 preiswerte Neubauwohnungen in Mannheim entstehen; ähnlich wie in Ludwigshafen könnte dann die Kaltmiete in diesen Neubauten 6 Euro/qm betragen. Dies wäre zumindest ein Anfang, welcher in der aktuellen Notlage am Mannheimer Wohnungsmarkt helfen würde, aber kein Wohnungsfonds.
Zarter wohnungspolitischer Rückenwind aus Berlin
Bundesweit sind es Linke und Grüne, die eine fortschrittliche Wohnungspolitik vorantreiben. So wurde der Mietendeckel in Berlin maßgeblich von der Linken gepuscht, von den Grünen mitgetragen, aber wäre beinahe am Regierenden Oberbürgermeister Michael Müller (SPD) gescheitert.
Für die Neue Wohnungsgemeinnützigkeit engagieren sich bundesweit die Linken und Grünen, in der SPD bisher leider nur einige wie z.B. Florian Pronold in seiner Zeit als Staatssekretär. Das Thema wurde allgemein vertagt, da parlamentarische Mehrheiten 2017 ohnehin nicht in Sicht waren. Jetzt könnte sich das – freilich mit anderen Gewichtungen, dank Höhenflug der Grünen – ändern.
Mutmaßlich stabile Mehrheit für Wohnungsfonds
In Mannheim erstaunt, dass der Vorstoß für einen Wohnungsfonds von der SPD kommt und sowohl Grüne (die jedoch Anfang Oktober als Erste ein Mietmoratorium für die GBG gefordert haben, Anm. d. Red.) als auch „LI.PAR.Tie.“ in diesem Punkt bisher sehr zurückhaltend sind. Längst hätten Grüne und „LI.PAR.Tie.“ mal öffentlich fragen sollen, was da mit dieser plakativen Forderung „40 Millionen Euro Wohnungsfonds“ eigentlich genau gemeint ist.
Und 40 Millionen Euro sind ja nicht gerade die übliche Rangiermasse, die bewegt wird, wenn Interessen einzelner Parteien in den Haushaltsberatungen bewegt und verschoben werden.
Und klar auch, dass ein gut gestalteter Wohnungsfonds im Interesse aller Parteien der „neuen linken Mehrheit“ ist. Eigentlich ist da auch nichts verhandelbar; oder wollen Grüne und „LI.PAR.Tie.“ dem Fonds nur zustimmen, wenn die SPD woanders Zugeständnisse macht? Das wäre reichlich absurd.
Etikettenschwindel vermeiden
Der Wohnungsfonds darf allerdings keine Mogelpackung werden. Er muss von der Stadt als zusätzliches Geld finanziert werden und darf nicht etwa Mittel, die die GBG ohnehin bisher für Sanierungen verwendet, nur neu etikettieren. Der Wohnungsfonds muss sich demokratischer Kontrolle unterwerfen: 40 Millionen Euro, die im Hinterzimmer vom Baubürgermeister und der GBG verteilt werden – das wäre eine erneute Enttäuschung.
Eisenhauer, der allgemein als wahrscheinlichster Nachfolger von Baubürgermeister Lothar Quast (SPD) gehandelt wird, hat mit den Werbeplakaten der SPD hoffentlich nicht nur hoch gepokert, sondern die Chancen für eine Neuorientierung der Mannheimer Wohnungspolitik vorher genau abgecheckt.
Welche Werkzeuge braucht eine neue Mannheimer Wohnungspolitik?
GBG-Mietendeckel, Wohnungsfonds, Leerstandskataster, keine weiteren „Rückbauten“ (= Abrisse) am Adolf-Damaschke-Ring, Aufkündigung der Kooperation mit einem großen Immobilienhai in Jungbusch und Neckarstadt, Milieuschutzsatzungen (nach Berliner Vorbild) in Neckarstadt-Ost, Lindenhof sowie Schwetzinger Vorstadt und vieles mehr würde zu einer solchen Umorientierung gehören.
Bloß die Versprechen nicht brechen
Wenn er die ersten zwei Punkte (GBG-Mietendeckel, Wohnungsfonds) nicht wie versprochen ordentlich verwirklicht, kann er zwar immer noch Baubürgermeister werden, aber sozialdemokratische Politik, die jetzt nur noch 21 Prozent der Mannheimer Bürger*innen gutheißt (Quelle: MM-Bürgerbarometer), würde weiter an Glaubwürdigkeit verlieren. Aber im Interesse einer neuen Mannheimer Wohnungspolitik wäre es eigentlich wünschenswert, dass Eisenhauer Erfolg hat.
Das Neckarstadtblog dankt für die Unterstützung von:
Auch interessant…