Ende November 2019 änderte die Stadt Mannheim per Gemeinderatsbeschluss ihre Gebührenordnung und machte Auskünfte und Akteneinsicht nach Landesinformationsfreiheitsgesetz zu einer kostspieligen Angelegenheit.
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Am 26.11.2019 wurde die Gebührenordnung hinsichtlich Informationsfreiheitsanfragen geändert, wohl als Reaktion darauf, dass Mannheimer Bürger*innen dieses Landesgesetz aus dem Jahr 2015 seit kurzem tatsächlich auch nutzten. Schon zuvor erhob die Stadt Mannheim sehr willkürlich horrende Gebühren für Auskünfte/Akteneinsicht nach Landesinformationsfreiheitsgesetz.
Gebühren verursachen Intransparenz
Die Beschlussvorlage der Verwaltung bedeutete einen weiteren massiven Schritt in Richtung Intransparenz und Bürgerfeindlichkeit. Trotzdem wurde sie mit Mehrheit beschlossen. Nur die FDP und Stadtrat Thomas Trüper hatten aufgepasst und dagegen gestimmt. Mehrere Gemeinderatsfraktion meldeten uns im Anschluss an die Abstimmung zurück, dass ihnen das „durchgerutscht“ sei.
Waren zuvor einfache Auskünfte noch gebührenfrei oder wurden mit dem geringsten Verwaltungsgebührensatz von 5 Euro beschieden, kosten sie seit dem 1. Januar 2020 je angefangene Viertelstunde 15,80 Euro. Ausgiebige Erfahrung mit dem Landesinformationsfreiheitsgesetz und der Mannheimer Verwaltung zeigen, dass so gut wie keine Anfrage in unter einer Stunde erledigt ist.
Ein Fallbeispiel:
Ende September 2018 wurde die Zusendung von insgesamt vier Sitzungsprotokollen der Bezirksbeiräte beantragt. Das sollte laut Stadtverwaltung 35 Euro pro Protokoll kosten. Begründet wurde dies mit dem enormen Zeitaufwand alle betroffenen Personen zu kontaktieren, personenbezogene Daten zu schwärzen. Das alles sollte 3 Monate dauern. Die Stadtverwaltung ignorierte selbst die Schreiben des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit monatelang. Schlussendlich wurden die Protokolle mehr als ein Jahr später zugestellt – gebührenfrei aus Kulanz, weil es so lange gedauert habe.
Was bedeuten diese Gebühren?
Sie unterlaufen den Zweck des Landesinformationsfreiheitsgesetzes, den Bürger*innen Zugang zu amtlichen Informationen geben. Wer nimmt dieses Recht schon in Anspruch, wenn sie/er dafür eine halbe Monatsmiete bezahlen muss? Mannheimer*innen ohne solides Einkommen werden sich ihr Recht nicht mehr leisten können. Bürgerinitiativen kommen so nur sehr schwer an Informationen.
Auch für kleine Redaktionen wie unsere stellt dies einen massiven Eingriff dar. Zwar haben wir als Pressevertreter ein Informationsrecht, dies betrifft allerdings nur Auskünfte auf konkrete Fragen – keine Akteneinsicht. Dies ist aber für die öffentliche Aufgabe der Presse unabdingbar. Manchmal stößt man nur durch stundenlange Aktenrecherche auf Missstände, welche Behörden lieber für sich behalten wollen.
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Eine Aktenrecherche wird wirtschaftlich unmöglich gemacht. Eine Stunde in der Behörde eine Akte durchzuschauen, kostet über 60 Euro. Der durchschnittliche Stundenlohn von freien Journalisten beträgt dagegen 7,50 Euro (netto). Welche freien Journalist*innen recherchieren so noch in Mannheimer Akten? Keine.
Sehr viele Akteneinsichtsgesuche ziehen langwierige Drittbeteiligungsprozesse und juristische Prüfungen nach sich, was eine Auskunft nach LIFG zu kostspielig macht, um in Mannheim tatsächlich jedem Zugang zu amtlichen Informationen zu gewähren.
Informationsfreiheit muss auch effektiv von allen in Anspruch genommen werden können
Informationsfreiheitsrechte stützen sich direkt auf Art. 5 Grundgesetz: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“ Natürlich bedeutet „ungehindert“ nicht „gebührenfrei“, jedoch sollte dieses Recht auch effektiv von allen in Anspruch genommen werden können.
Statt die Gebühren für IFG-Anfragen komplett zu streichen oder zumindest sozial und gerecht zu gestalten, wurde die Inanspruchnahme so kostspielig gemacht, dass sich das kaum noch jemand leisten kann. Es sollten also zumindest Ausnahmen und Härtefälle eingebaut werden. Beispielsweise sollte bei Bürgerinitiativen und Vereinen, bei Transferleistungsempfänger*innen oder bei Journalist*innen und kleinen Redaktionen (weil sie einen öffentlichen Auftrag haben) auf die Gebühren komplett verzichtet werden.
Es ist zu hoffen, dass der Gemeinderat diese transparenz-, presse- und bürgerfeindliche Gebührenordnung korrigiert und sich für mehr Informationsfreiheit für die Mannheimer Öffentlichkeit einsetzt.
Die Satzung der Stadt Mannheim über die Erhebung von Gebühren für öffentliche Leistungen ausgenommen Benutzungsgebühren vom 19. Dezember 2006 i. d. F. vom 01. Januar 2020 wird wie folgt ergänzt:
„Von der Gebührenerhebung nach Gebührenverzeichnis 1 Nr. 5 (Auskünfte und Einsichtnahme in Akten und Bücher, Zugang zu amtlichen Informationen nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz oder anderen spezialgesetzlichen Regelungen) können gemeinnützige Vereine, Transferleistungsempfänger*innen, freie Journalist*innen und Redaktionen unter 10 Mitarbeiter*innen ausgenommen werden.“
Begründung
Der Zweck des Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG) besteht darin “durch ein umfassendes Informationsrecht den freien Zugang zu amtlichen Informationen sowie die Verbreitung dieser Informationen zu gewährleisten, um die Transparenz der Verwaltung zu vergrößern und damit die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern.” (LIFG, 8 1, Absatz 1)
Als GRÜNE Fraktion sehen wir dieses Recht in Gefahr, es darf nicht vom Geldbeutel abhängen.
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Ende November 2019 änderte die Stadt Mannheim per Gemeinderatsbeschluss ihre Gebührenordnung und machte Auskünfte und Akteneinsicht nach Landesinformationsfreiheitsgesetz zu einer kostspieligen Angelegenheit.
Am 26.11.2019 wurde die Gebührenordnung hinsichtlich Informationsfreiheitsanfragen geändert, wohl als Reaktion darauf, dass Mannheimer Bürger*innen dieses Landesgesetz aus dem Jahr 2015 seit kurzem tatsächlich auch nutzten. Schon zuvor erhob die Stadt Mannheim sehr willkürlich horrende Gebühren für Auskünfte/Akteneinsicht nach Landesinformationsfreiheitsgesetz.
Gebühren verursachen Intransparenz
Die Beschlussvorlage der Verwaltung bedeutete einen weiteren massiven Schritt in Richtung Intransparenz und Bürgerfeindlichkeit. Trotzdem wurde sie mit Mehrheit beschlossen. Nur die FDP und Stadtrat Thomas Trüper hatten aufgepasst und dagegen gestimmt. Mehrere Gemeinderatsfraktion meldeten uns im Anschluss an die Abstimmung zurück, dass ihnen das „durchgerutscht“ sei.
Waren zuvor einfache Auskünfte noch gebührenfrei oder wurden mit dem geringsten Verwaltungsgebührensatz von 5 Euro beschieden, kosten sie seit dem 1. Januar 2020 je angefangene Viertelstunde 15,80 Euro. Ausgiebige Erfahrung mit dem Landesinformationsfreiheitsgesetz und der Mannheimer Verwaltung zeigen, dass so gut wie keine Anfrage in unter einer Stunde erledigt ist.
Ein Fallbeispiel:
Ende September 2018 wurde die Zusendung von insgesamt vier Sitzungsprotokollen der Bezirksbeiräte beantragt. Das sollte laut Stadtverwaltung 35 Euro pro Protokoll kosten. Begründet wurde dies mit dem enormen Zeitaufwand alle betroffenen Personen zu kontaktieren, personenbezogene Daten zu schwärzen. Das alles sollte 3 Monate dauern. Die Stadtverwaltung ignorierte selbst die Schreiben des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit monatelang. Schlussendlich wurden die Protokolle mehr als ein Jahr später zugestellt – gebührenfrei aus Kulanz, weil es so lange gedauert habe.
Was bedeuten diese Gebühren?
Sie unterlaufen den Zweck des Landesinformationsfreiheitsgesetzes, den Bürger*innen Zugang zu amtlichen Informationen geben. Wer nimmt dieses Recht schon in Anspruch, wenn sie/er dafür eine halbe Monatsmiete bezahlen muss? Mannheimer*innen ohne solides Einkommen werden sich ihr Recht nicht mehr leisten können. Bürgerinitiativen kommen so nur sehr schwer an Informationen.
Auch für kleine Redaktionen wie unsere stellt dies einen massiven Eingriff dar. Zwar haben wir als Pressevertreter ein Informationsrecht, dies betrifft allerdings nur Auskünfte auf konkrete Fragen – keine Akteneinsicht. Dies ist aber für die öffentliche Aufgabe der Presse unabdingbar. Manchmal stößt man nur durch stundenlange Aktenrecherche auf Missstände, welche Behörden lieber für sich behalten wollen.
Eine Aktenrecherche wird wirtschaftlich unmöglich gemacht. Eine Stunde in der Behörde eine Akte durchzuschauen, kostet über 60 Euro. Der durchschnittliche Stundenlohn von freien Journalisten beträgt dagegen 7,50 Euro (netto). Welche freien Journalist*innen recherchieren so noch in Mannheimer Akten? Keine.
Sehr viele Akteneinsichtsgesuche ziehen langwierige Drittbeteiligungsprozesse und juristische Prüfungen nach sich, was eine Auskunft nach LIFG zu kostspielig macht, um in Mannheim tatsächlich jedem Zugang zu amtlichen Informationen zu gewähren.
Informationsfreiheit muss auch effektiv von allen in Anspruch genommen werden können
Informationsfreiheitsrechte stützen sich direkt auf Art. 5 Grundgesetz: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“ Natürlich bedeutet „ungehindert“ nicht „gebührenfrei“, jedoch sollte dieses Recht auch effektiv von allen in Anspruch genommen werden können.
Statt die Gebühren für IFG-Anfragen komplett zu streichen oder zumindest sozial und gerecht zu gestalten, wurde die Inanspruchnahme so kostspielig gemacht, dass sich das kaum noch jemand leisten kann. Es sollten also zumindest Ausnahmen und Härtefälle eingebaut werden. Beispielsweise sollte bei Bürgerinitiativen und Vereinen, bei Transferleistungsempfänger*innen oder bei Journalist*innen und kleinen Redaktionen (weil sie einen öffentlichen Auftrag haben) auf die Gebühren komplett verzichtet werden.
Es ist zu hoffen, dass der Gemeinderat diese transparenz-, presse- und bürgerfeindliche Gebührenordnung korrigiert und sich für mehr Informationsfreiheit für die Mannheimer Öffentlichkeit einsetzt.
Änderungsantrag der Grünen
Morgen (29.09.2020) berät der Hauptausschuss einen diesbezüglichen Antrag der Grünen-Fraktion, den wir hier im Wortlaut dokumentieren:
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