Ein anonymer Brief, der mehrere Redaktionen erreichte, bringt derzeit den designierten Baubürgermeister Ralf Eisenhauer (SPD) und die GBG in Bedrängnis.
In diesem Brief, der unserer Redaktion seit Anfang des Monats vorliegt, wird die Frage aufgeworfen, warum der Fraktionsvorsitzende der SPD im Gemeinderat eine von 41 Immobilien auf der ehemaligen Konversionsfläche „Centro Verde“ anmieten konnte, obwohl 2011/2012 eigentlich alle diese Häuser im Anna-Maria-von-Schrader-Weg und im Abele-Ring zum Verkauf vorgesehen waren.
Die Vermarktung des Centro Verde
Im Sommer 2011 begann die städtische Wohnungsbaugesellschaft GBG mit Vermarktung der Häuserzeile. Die letzten Häuser im Anna-Maria-von-Schrader-Weg wurden Ende 2012 verkauft. Die Vermietung des Reihenendhauses erfolgte ebenfalls zu diesem Zeitpunkt.
Das Haus war, da es mit rund 140 Quadratmetern eine größere Wohnfläche hat und über zwei Garagen verfügt, auch das teuerste der Häuser in diesem Bauabschnitt. Mit knapp unter 400.000 Euro Kaufpreis war es dennoch aus heutiger Sicht ein Schnäppchen.
Einziger Kaufinteressent sprang ab
Das Reihenendhaus im Anna-Maria-von-Schrader-Weg 2 soll zunächst für einen potentiellen Käufer vorgemerkt gewesen sein, der allerdings einen Rückzieher gemacht habe, heißt es von der GBG auf Nachfrage. Bereits im Oktober 2011 galt das betreffende Haus als „reserviert“, wie eine heute von der Mannheimer CDU öffentlich gemachte Preisliste der GBG verrät. Diese Auskunft erhielt auch der SPD-Stadtrat, der bereits im November 2011 sein Interesse an dem Haus signalisiert hatte.
Lieber ein schneller Abschluss der Vermarktung
Als die Reservierung zum Kauf des Hauses auslief, sei Ralf Eisenhauer zum Zuge gekommen. Auf seine erste Nachfrage nach der konkreten Immobilie Anna-Maria-von- Schrader-Weg 2 wurde er damals ebenfalls darüber informiert, dass diese zu diesem Zeitpunkt reserviert war. „Im März 2012 habe ich bei der GBG nachgefragt und erfahren, dass das Objekt nicht mehr reserviert war. Ich habe dann mein Interesse an einer Anmietung angemeldet. Ende April 2012 wurde mir dann mitgeteilt, dass eine Anmietung möglich sei.“ schreibt Ralf Eisenhauer in einer persönlichen Erklärung an alle Mitglieder des Gemeinderats. Er bewarb sich daraufhin bei der Vermietungsabteilung der GBG mit umfangreicher Selbstauskunft und allen sonstigen Angaben, die jede*r Mieter*in der GBG vorbringen muss.
Vermietung nicht ausgeschlossen
Eisenhauser hatte zum 1. Oktober 2012 als „Fachbauleiter Altlasten“ für die GBG angefangen, Ende 2012 erfolgte die Vermietung an ihn. Entschieden wurde dies „unter Beachtung des zu diesem Zeitpunkt gültigen Vermarktungsprozesses“ durch die damalige Geschäftsleitung. Zu dieser Zeit war noch Wolfgang Bielmeier Geschäftsführer der städtischen Wohnungsbaugesellschaft, der 1998 selbst als SPD-Stadtrat auf den Chefposten der GBG gewechselt war. Eine Vermietung sei per Beschluss des Aufsichtsrats zudem möglich gewesen, erklärt ein Unternehmenssprecher auf Anfrage.
CDU präsentiert anonymen weiteren Kaufinteressenten
Andere Mietinteressenten gab es laut GBG nicht. Das Haus war nie öffentlich zur Vermietung ausgeschrieben und nach weiteren Interessenten zum Kauf oder zur Miete wurde gar nicht mehr gesucht. Der Mannheimer CDU-Kreisverband veröffentlichte heute die E-Mail eines angeblichen Kaufinteressenten, der sich im Oktober 2011 bei der GBG sehr allgemein nach Objekten im Centro Verde erkundigt hatte und daraufhin Preislisten zu drei unterschiedlichen Vorhaben im Neubaugebiet erhielt.
Miethöhe nach wirtschaftlichen Maßstäben
Von der Fertigstellung des Reihenendhauses bis zur Vermietung vergingen rund anderthalb Jahre. Mietbeginn war laut Eisenhauer der 16.11.2012. Die Miethöhe basierte laut GBG wie bei all ihren Objekten grundsätzlich auf Wirtschaftlichkeitsberechnungen. Der SPD-Politiker nennt in seiner Erklärung konkrete Zahlen: Zu Beginn betrug die Miete monatlich 1500 Euro kalt (was knapp über 10 Euro pro Quadratmeter entspricht) zzgl. 100 Euro für die Doppelgarage.
Kleinere Wohnung, höherer Quadratmeterpreis
Mittlerweile ist Eisenhauer nicht mehr Mieter des Hauses im Centro Verde, sondern einer kleineren Wohnung für um die 1370 Euro monatlich in einem Neubau der GBG in der Neckarstadt-Ost und das Reihenendhaus im Anna-Maria-von-Schrader-Weg wurde laut GBG zwischenzeitlich verkauft. Aufgrund der Marktpreisentwicklung vermutlich zu einem deutlich höheren Preis als er 2011 in der Preisliste stand. So schreibt auch die GBG in einer Pressemitteilung heute: „Zwischenzeitlich wurde das Haus zum aktuellen Marktwert verkauft. Der GBG ist keinerlei wirtschaftlicher Schaden entstanden.“
Eisenhauer legt private Verhältnisse offen
Der SPD-Fraktionsvorsitzende und designierte Baubürgermeister Ralf Eisenhauer schickte heute eine persönlichen Erklärung an alle Mitglieder des Gemeinderats, in der er sehr detailliert über sein Familienleben aufklärt. Die SPD-Gemeinderatsfraktion hat diese Erklärung als Pressemitteilung versandt. Aus Rücksicht auf das Privatleben des Politikers, veröffentlichen wir sie nicht komplett, sondern nur die relevanten Fakten.
Da die SPD das Vorschlagsrecht besitzt und die drei größten Fraktionen (SPD, Grüne und CDU) sich über die Besetzung der fünf Dezernentenposten geeinigt hatten, galt Eisenhauers Wahl zum Baubürgermeister am 3. November als Formsache. Mehrere Parteien hatten im Gemeinderat jedoch nun Klärungsbedarf vor der Wahl angemeldet. Die Anträge wurden in den Hauptausschuss am 20. Oktober verwiesen. Dem kam der SPD-Politiker nun mit seiner Erklärung zuvor.
Quellen: Anonymer Brief, Mannheimer Morgen, Rhein-Neckar-Zeitung, GBG, Pressemitteilung CDU Mannheim (Anhang), persönliche Erklärung Ralf Eisenhauer, eigene Recherchen
Eine Hand wäscht die andere. Ist doch bekann