Am 14. September 2024 kam es insbesondere auf der Kurpfalzbrücke zu Protesten gegen eine Veranstaltung der AfD.
Die Demonstrationen verliefen weitgehend friedlich, dennoch stehen Polizeieinsätze wegen vermeintlicher Gewaltanwendung in der Kritik. Die Polizei weist die Vorwürfe zurück, bleibt aber vage in ihrer Darstellung.
Am Samstag, den 14. September 2024, veranstaltete die AfD einen sogenannten „Bürgerdialog“ auf dem Ausflugsschiff „MS Kurpfalz“ in Mannheim. Der Aufruf zu Gegenprotesten kam von antifaschistischen Gruppen aus Mannheim und Heidelberg, darunter das Offene Antifaschistische Treffen (OAT). Rund 20 Personen versammelten sich in der Nähe des Schiffs, insbesondere auf der Kurpfalzbrücke, um ihren Unmut über die AfD-Veranstaltung lautstark kundzutun.
Widersprüchliche Darstellungen des Protests
Während die Protestierenden berichten, dass der Zugang zum Schiff durch Polizeikräfte blockiert wurde und es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen kam, stellt die Polizei den Sachverhalt anders dar. Laut einer Antwort des Polizeipräsidiums Mannheim sei der Zugang zum Schiff „zu keinem Zeitpunkt blockiert“ worden. Es sei sichergestellt worden, dass die Teilnehmenden der Bootsfahrt ungehindert an Bord gelangen konnten.
Die Demonstrierenden hingegen schildern, dass sie sich zunächst unbehelligt auf dem Dammweg bewegen konnten und erst gestoppt wurden, als sie sich in Richtung des Anlegers bewegen wollten. Hierbei sei es zu Schubsereien und Drängeln gekommen, als Polizeikräfte massiv eingeschritten seien. Die Polizei äußerte sich nicht konkret zu diesen Vorwürfen, betonte jedoch, dass die Versammlung von Demonstrierenden als „weitestgehend friedlich“ eingestuft wurde. Es wurden laut Polizei keine Identitätsfeststellungen vorgenommen, da keine Eskalation der Lage erwartet wurde.
Im Gegensatz dazu berichten die Demonstrierenden von Personenkontrollen durch die Polizei bereits im Vorfeld der Veranstaltung. Mehrere Passant_innen und Personen, die sich in der Nähe des Anlegers aufhielten, seien kontrolliert und ihre Personalien aufgenommen worden. Dies steht im Widerspruch zur Aussage der Polizei, dass keine Eskalation erwartet wurde. Laut Demonstrierenden seien sogar Familien und weitere Mannheimer Bürger_innen zur Gruppe hinzugestoßen, was die Breite der Proteste unterstreicht.
Festnahme und Gewaltanwendung
Ein zentraler Streitpunkt ist die Festnahme einer Person, die laut Polizei „Einsatzbeamte tätlich angegriffen“ haben soll. Die Demonstrierenden widersprechen dieser Darstellung und berichten, dass die Festnahme grundlos erfolgt sei. Sie schildern, dass zwei junge Frauen gewaltsam aus der Gruppe der Protestierenden herausgezerrt, zu Boden gebracht und dabei geschlagen und getreten worden seien. Dieser Vorfall habe sich ereignet, als die Gruppe nach dem Ende der Proteste versuchte, sich in Richtung Alte Feuerwache in der Neckarstadt zu bewegen. Nach Angaben der Demonstrierenden verfolgten die Polizeikräfte die Gruppe nach dem Ablegen der „MS Kurpfalz“, und in diesem Zusammenhang sei die betroffene Person festgenommen worden.
Die festgenommene Person wurde zunächst etwa eine Stunde alleine in einem Streifenwagen in der Nähe der Kurpfalzbrücke festgehalten. Anschließend wurde sie in das Polizeipräsidium Mannheim (L6) gebracht, wo sie sich, laut Polizei, einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterziehen musste. Nach Abschluss der Maßnahmen wurde die Person freigelassen.
Die Polizei weist diese Darstellung nicht direkt zurück, bleibt aber vage. Es heißt, es sei „unmittelbarer Zwang“ angewendet worden, um die Störung der polizeilichen Maßnahmen zu verhindern. Zur konkreten Gewaltanwendung oder den genauen Umständen des Einsatzes äußerte sich die Polizei nicht detailliert. Sie verwies lediglich darauf, dass alle Maßnahmen im Einklang mit den Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen gestanden hätten.
Kommunikation und Kennzeichnung der Polizei
Ein weiterer Streitpunkt betrifft die Kennzeichnung der Polizeikräfte. Die Demonstrierenden bemängelten, dass viele Einsatzkräfte keine sichtbare Kennzeichnung getragen hätten. Die Polizei antwortete darauf, dass die Kennzeichnungspflicht nur für Angehörige der „geschlossenen Einheiten“ gelte und diese eine „pseudonymisierte Individualkennzeichnung“ getragen hätten. Ob dies im gesamten Einsatz gewährleistet war, ließ die Polizei offen. Die Frage, ob alle Beamten identifizierbar waren, bleibt somit im Raum.
Auch die Kommunikation zwischen Polizei und Demonstrierenden war laut Berichten der Protestierenden problematisch. So habe die Polizei auf Nachfrage keine Gründe für die Gewaltanwendung oder die Festnahme genannt. Einer der beteiligten Beamten habe auf die Aufforderung, seine Dienstnummer zu nennen, lediglich erklärt, dass er sich „ausgerechnet heute“ nicht an seine Dienstnummer erinnern könne und stattdessen auf die Aufschrift „Polizei“ auf seinem Rücken verwiesen. Der Versuch, eine verantwortliche Person für den Einsatz ausfindig zu machen, blieb erfolglos. Auch auf wiederholte Nachfragen gaben die Polizist_innen keine weiteren Informationen preis.
Unklare Vorfälle bei der Festnahme
Auf die Frage nach einem speziellen Aspekt der Festnahme kann die Polizei keine Aufklärung geben. Die Demonstrierenden berichten, dass weibliche Polizistinnen versucht hätten, gegen die gewaltsame Behandlung der festgenommenen Demonstrantinnen einzuschreiten. Die Polizei erklärte jedoch, keine Kenntnis von diesem Umstand zu haben und äußerte sich nicht weiter dazu.
Einfluss der Proteste auf die AfD-Veranstaltung
Die Demonstrierenden konnten die „MS Kurpfalz“ bis zu ihrem Ablegen mit lautstarken Parolen und Kurzreden begleiten, die sich sowohl gegen die AfD-Veranstaltung als auch an die Mannheimer Bevölkerung richteten. Ursprünglich sollte das Schiff nach Heidelberg fahren, doch aufgrund der erwarteten Proteste änderte die AfD kurzfristig die Route und fuhr stattdessen nach Worms. Diese Änderung zeigt den Einfluss der Proteste auf die Veranstaltung und die Reaktionen der Veranstaltenden.
Quellen: Bericht des OAT Mannheim, Auskunft des Polizeipräsidiums Mannheim