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Dächer als kulturelle Ressource: Mannheim diskutiert neue Nutzungsmöglichkeiten

Petar Drakul (Mitte), Dr. Matthias Rauch (rechts) und Marcel Hauptenbuchner (mit dem Rücken zur Kamera) im Gespräch | Foto: Stadt Mannheim / Arthur Bauer

Dächer kulturell zu nutzen, ist eine kreative Idee, doch der tatsächliche Nutzen für die Stadtgesellschaft bleibt zweifelhaft.

Am Donnerstag, den 19. September 2024, lud das Team von StartRaum um Projektleiter Maximilian Frey und Matthias Rauch von „Next Mannheim“ zum offiziellen Kick-off des zwischenDrin-Festivals 2024. In der obersten Etage der Abendakademie Mannheim trafen sich unter anderem Stadträte, Projektleiter von FuturRaum Petar Drakul und der Bürgermeister für Wirtschaft und Kultur, Thorsten Riehle.

Eröffnung des zwischenDrin-Festivals 2024

v.l.n.r. Dr. Matthias Rauch, Ben Fritsche, Leonie Cremerius, Maximilian Frey | Foto: Stadt Mannheim / Arthur Bauer

Hauptthema waren sogenannte „Dachpotenziale“, also die kulturelle und nachhaltige Erschließung von Dächern in der Stadt. Das Event startete um 14:30 Uhr mit einer Begrüßungsrede von Matthias Rauch. Das Team um Maximilian Frey, das hinter dem zwischenDrin-Festival steht, wurde vorgestellt und äußerte sich kurz zum Projekt. Außerdem erläuterte Rauch erneut, was Zwischennutzungen sind und welche Maßnahmen Mannheim in diesem Bereich ergreift. Übrigens ist es bereits das zweite Mal, dass dieses Festival stattfindet.

Herausforderungen der Innenstadtentwicklung

Viele Städte und Gemeinden erleben große Veränderungen in ihren Innenstädten und Ortskernen, vor allem, weil sich das Einkaufsverhalten stark verändert hat. Auch andere Angebote werden seltener genutzt. Die Corona-Pandemie hat deutlich gemacht, dass dringend gehandelt werden muss, um die Zentren zukunftsfähig zu machen. Dafür sind Anpassungen bei der Flächennutzung, in der Stadtplanung und bei den Gebäuden erforderlich. Wichtig sind dabei ein attraktiver öffentlicher Raum, der Klimaschutz, der Umgang mit den Folgen des Klimawandels und die umweltfreundliche Erreichbarkeit der Stadtzentren.

Dachflächen als wertvolle Ressource

Angesichts der fortschreitenden Verdichtung der Innenstädte geraten Dachflächen immer stärker in den Fokus der Stadtplanung und werden zunehmend als wertvolle Ressource für nachhaltige und lebenswerte urbane Umgebungen betrachtet. Bereits jetzt werden ungenutzte Flachdächer als potenzielle Flächen für Grünanlagen, erneuerbare Energien und soziale Treffpunkte neu gedacht, was nicht nur den urbanen Raum erweitert, sondern auch zur Verbesserung des Mikroklimas und der Lebensqualität der Bevölkerung beitragen kann. Jedoch wird das Potenzial von Dächern in der Stadtentwicklung noch häufig unterschätzt.  Maximilian Frey

Mannheim zwischen Nutzen und Entwicklung

Im Auftrag des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) führt das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) das Bundesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ durch. Aktuell werden deutschlandweit 219 Kommunen (Stand: Juli 2024) im Rahmen des Programms gefördert. Die meisten Projekte begannen im Sommer/Herbst 2022 und laufen maximal bis August 2025.

Mannheims Zwischennutzungen:
  • P3-6 „Haus HURRA!“ mit Galerienutzung und Musikbespielung
  • N3-15 mit Galerienutzung
  • P4-9 mit Galerienutzung
  • Q6Q7 mit einem temporären Studio
  • T6-18 mit dem frisch umgezogenen Zeitraumexit e.V.
  • P3-6 mit einem dynamischen Begegnungsort
Bürgermeister für Wirtschaft und Kultur, Thorsten Riehle | Foto: Stadt Mannheim / Arthur Bauer

Thorsten Riehle, Bürgermeister für Arbeit, Wirtschaft, Soziales und Kultur, begrüßte die Anwesenden und betonte die Bedeutung der Zwischennutzungen für die städtische Entwicklung. Er hob besonders das Potenzial von Dachflächen hervor, die noch weitgehend ungenutzt sind, und erläuterte, wie kreative Nutzungskonzepte zur Belebung der Stadt beitragen können. Als Beispiel erwähnte er Projekte wie Dachgärten und Grünbrücken in Hannover, die zeigen, wie man städtische Räume neu denken kann. Riehle ermutigte dazu, in Mannheim ähnliche Initiativen zu verfolgen, um die Stadt resilienter und nachhaltiger zu gestalten. Als Mannheimer Beispiele nannte er das Dach vom Quadrat K1 und eben der Abendakademie.

Beispiele kreativer Dachnutzung

Im Anschluss folgten Impulsvorträge zu Dachpotenzialen, in denen es darum ging, warum es sich lohnt, Dächer begehbar zu machen Rednerinnen waren Katrin Ligt vom Verein obenstadt e.V. und den Dakendagen sowie Sabine Fekete vom European Creative Rooftop Network (ECRN).

Katrin Ligt vom Verein obenstadt e.V. und den Dakentagen | Foto: Stadt Mannheim / Arthur Bauer

Katrin Ligt berichtete über die kreativen Nutzungsmöglichkeiten von Dachflächen anhand der Dakendagen in Rotterdam und des Hamburger obenstadt e.V.. Sie erläuterte, wie Rotterdam seine ungenutzten Flachdächer durch Dachgärten, kulturelle Veranstaltungen und temporäre Bauten revitalisiert hat. Besonders beeindruckend war die Aktivierung von über 60 Dächern im Rahmen des Festivals, was das Potenzial solcher Flächen für urbane Entwicklung aufzeigte. Ligt betonte, dass Kunst und Kultur eine wichtige Rolle spielen, um Menschen auf die Dächer zu bringen und diese sichtbar zu machen.

Sabine Fekete, Projektkoordinatorin des Chemnitzer Dachprojekts „Bunte Dächer“, präsentierte die Fortschritte und Herausforderungen in Chemnitz im Rahmen des European Creative Rooftop Networks. Sie hob hervor, dass Chemnitz noch am Anfang stehe, aber bereits erste kreative Dachnutzungen erfolgreich umgesetzt habe. Besonders die Zusammenarbeit mit internationalen Partnerstädten wie Antwerpen und Nicosia ermögliche einen wertvollen Austausch über Dachnutzungsstrategien. Für die Zukunft plant Chemnitz ein Rooftop-Festival im Jahr 2025, um das Potenzial der städtischen Dachlandschaften weiter zu erschließen.

Das Jil Pappert Trio sorgte für einen gediegenen Abschluss der Veranstaltung | Foto: Stadt Mannheim / Arthur Bauer

Danach gab es eine kurze Umbauphase, und es folgte ein Diskussionspanel, um die Chancen für Mannheim zu besprechen. Diskussionsführende waren Petar Drakul, Katrin Ligt, Sabine Fekete, Projektentwickler Marcel Hauptenbuchner, Wolfgang Loos vom Eigentümer*innen-Netzwerk Mannheim und Helga Dieringer vom Fachbereich Geoinformation & Stadtplanung, Mannheim. Moderiert wurde von Matthias Rauch.

Kommentar
Die Idee, Dächer in Städten kulturell und nachhaltig zu nutzen, ist zweifellos interessant und innovativ. Sie eröffnet neue Perspektiven auf urbane Räume und schafft temporäre Orte für kulturellen Austausch. Doch die Frage bleibt: Wen soll das tatsächlich ansprechen? Solche Konzepte richten sich oft an ein kleines, kulturell interessiertes Publikum und lassen die Frage offen, ob sie die breite Stadtgesellschaft wirklich erreichen oder ansprechen können. Der langfristige Nutzen für das allgemeine Wohl der Stadt bleibt daher fraglich. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie effektiv solche Dachnutzungen wirklich sind, um die dringendsten städtischen Probleme anzugehen, wie etwa die stetige Versiegelung von Flächen, die viele Städte betrifft. Die Aktivierung von Dachflächen mag kurzfristig kreativ und ansprechend sein, bietet aber kaum Lösungen für die tieferliegenden ökologischen Herausforderungen. Dachbegrünungen und temporäre Kulturprojekte auf Dächern sind interessante Ansätze, doch sie ersetzen nicht den dringenden Bedarf an neuen, zugänglichen Grünflächen am Boden, die eine höhere Aufenthaltsqualität bieten und gleichzeitig einen spürbaren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Letztlich könnte der Fokus auf erdgebundene grüne Freiräume zielführender sein, um sowohl das städtische Klima zu verbessern als auch den Bedürfnissen einer breiteren Bevölkerungsgruppe gerecht zu werden.

Quelle: Eigener Reporter

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