Die Abwahl von Zahra Alibabanezhad Salem sorgt für Protest. Ein offener Brief mit 300 Unterzeichnenden fordert Aufklärung und Reformen.
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Die Entscheidung des Mannheimer Gemeinderats, die Migrationsbeirätin Zahra Alibabanezhad Salem entgegen der Empfehlung der Berufungskommission nicht wiederzuberufen, hat breite Kritik ausgelöst. In einem offenen Brief, den rund 300 Menschen unterzeichnet haben – darunter Schauspiel-Intendant Christian Holtzhauer, der Dekan der evangelischen Kirche Ralph Hartmann, mehrere Stadträt*innen sowie der Migrationsbeirat Heidelberg – wird der Vorgang als demokratisch fragwürdig eingestuft. Die Unterzeichnenden fordern eine transparente Aufarbeitung und eine Reform des Berufungsverfahrens, um die Einflussnahme des Gemeinderats zu begrenzen.
Kritik am geänderten Berufungsverfahren
Zum ersten Mal seit Bestehen des Migrationsbeirats gab es keine Einigung in der Berufungskommission. Während bislang die Vorschlagsliste der Kommission als Ganzes zur Abstimmung stand, entschied der Gemeinderat dieses Mal über jede einzelne Kandidatur separat und geheim. Das führte dazu, dass Zahra Alibabanezhad Salem, bisherige Sprecherin des Migrationsbeirats, und Khalil Khalil, ebenfalls langjähriges Mitglied, keine Mehrheit fanden.
Die Unterzeichnenden des offenen Briefs kritisieren insbesondere die Umgehung der Berufungskommission, die aus Vertreter*innen aller Fraktionen sowie migrantischer Organisationen besteht. Sie sehen darin ein Misstrauensvotum gegenüber der Expertise der Kommission und eine Missachtung der Stimmen der Menschen mit Migrationsgeschichte in Mannheim.
Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) verteidigt das Vorgehen. Da die Berufungskommission keine konsensfähige Liste habe vorlegen können, sei die geheime Einzelabstimmung notwendig gewesen. Der Gemeinderat habe das letzte Wort bei der Zusammensetzung des Gremiums.
Der Mannheimer Gemeinderat (Archivbild) | Foto: KIM
Juristische Bewertung des Verfahrens
Aus rechtlicher Sicht war das Vorgehen des Gemeinderats mit den kommunalen Vorgaben vereinbar. Die Hauptsatzung der Stadt Mannheim sowie die Gemeindeordnung Baden-Württemberg ermächtigen den Gemeinderat, über die Besetzung des Migrationsbeirats eigenständig zu entscheiden. Eine Verpflichtung, den Vorschlag der Berufungskommission zu übernehmen, ergibt sich aus den Regularien nicht.
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Auch die Durchführung einer geheimen Abstimmung ist rechtlich zulässig, da die Satzung der Stadt Mannheim diese Möglichkeit vorsieht. Allerdings sehen Kritiker*innen darin eine bewusste Maßnahme, um politische Mehrheitsverhältnisse zu verschleiern und Verantwortung für eine mögliche Zusammenarbeit mit der AfD zu vermeiden. Die rechtliche Zulässigkeit steht somit in starkem Kontrast zur politischen Bewertung des Vorgangs, die von vielen als fragwürdig angesehen wird.
Geheime Abstimmung als politisches Manöver?
Die Entscheidung fiel mit 23 zu 22 Stimmen äußerst knapp aus. Durch die geheime Wahl bleibt unklar, wer gegen die Kandidaturen votierte. Mindestens im Fall von Khalil Khalil müssen jedoch auch Stimmen aus dem linken Lager gegen ihn gestimmt haben. Das konservative Lager argumentiert, dass eine demokratische Wahl auch Ablehnungen beinhalten könne.
Besonders scharf kritisierten die Fraktionen der SPD sowie der „GRÜNEN/Die PARTEI“ das Abstimmungsverfahren. Sie sehen darin den Versuch, zu verschleiern, dass konservative Parteien erneut mit der weitgehend rechtsextremen AfD abgestimmt haben. Da die Wahl geheim war, könne nicht nachgewiesen werden, welche Fraktionen für oder gegen einzelne Kandidat*innen gestimmt hätten. Dies ermögliche es konservativen Kräften, eine Zusammenarbeit mit der AfD abzustreiten, obwohl es Hinweise darauf gebe.
Der offene Brief fordert eine Reform des Berufungsverfahrens, damit die Stimme der Menschen mit Migrationsgeschichte in Mannheim nicht durch politische Taktiken entwertet wird. Die Unterzeichnenden sehen in der Einzelabstimmung eine gezielte Maßnahme, um unliebsame Stimmen aus dem Gremium zu entfernen.
Ob der Gemeinderat auf die Forderungen eingeht, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch: Die Entscheidung hat eine breite Debatte über die politische Kultur, die neue unheilige Allianz zwischen liberal-konservativen Parteien und der AfD und den Umgang mit kritischen Stimmen in Mannheim entfacht.
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Die Abwahl von Zahra Alibabanezhad Salem sorgt für Protest. Ein offener Brief mit 300 Unterzeichnenden fordert Aufklärung und Reformen.
Die Entscheidung des Mannheimer Gemeinderats, die Migrationsbeirätin Zahra Alibabanezhad Salem entgegen der Empfehlung der Berufungskommission nicht wiederzuberufen, hat breite Kritik ausgelöst. In einem offenen Brief, den rund 300 Menschen unterzeichnet haben – darunter Schauspiel-Intendant Christian Holtzhauer, der Dekan der evangelischen Kirche Ralph Hartmann, mehrere Stadträt*innen sowie der Migrationsbeirat Heidelberg – wird der Vorgang als demokratisch fragwürdig eingestuft. Die Unterzeichnenden fordern eine transparente Aufarbeitung und eine Reform des Berufungsverfahrens, um die Einflussnahme des Gemeinderats zu begrenzen.
Kritik am geänderten Berufungsverfahren
Zum ersten Mal seit Bestehen des Migrationsbeirats gab es keine Einigung in der Berufungskommission. Während bislang die Vorschlagsliste der Kommission als Ganzes zur Abstimmung stand, entschied der Gemeinderat dieses Mal über jede einzelne Kandidatur separat und geheim. Das führte dazu, dass Zahra Alibabanezhad Salem, bisherige Sprecherin des Migrationsbeirats, und Khalil Khalil, ebenfalls langjähriges Mitglied, keine Mehrheit fanden.
Die Unterzeichnenden des offenen Briefs kritisieren insbesondere die Umgehung der Berufungskommission, die aus Vertreter*innen aller Fraktionen sowie migrantischer Organisationen besteht. Sie sehen darin ein Misstrauensvotum gegenüber der Expertise der Kommission und eine Missachtung der Stimmen der Menschen mit Migrationsgeschichte in Mannheim.
Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) verteidigt das Vorgehen. Da die Berufungskommission keine konsensfähige Liste habe vorlegen können, sei die geheime Einzelabstimmung notwendig gewesen. Der Gemeinderat habe das letzte Wort bei der Zusammensetzung des Gremiums.
Juristische Bewertung des Verfahrens
Aus rechtlicher Sicht war das Vorgehen des Gemeinderats mit den kommunalen Vorgaben vereinbar. Die Hauptsatzung der Stadt Mannheim sowie die Gemeindeordnung Baden-Württemberg ermächtigen den Gemeinderat, über die Besetzung des Migrationsbeirats eigenständig zu entscheiden. Eine Verpflichtung, den Vorschlag der Berufungskommission zu übernehmen, ergibt sich aus den Regularien nicht.
Auch die Durchführung einer geheimen Abstimmung ist rechtlich zulässig, da die Satzung der Stadt Mannheim diese Möglichkeit vorsieht. Allerdings sehen Kritiker*innen darin eine bewusste Maßnahme, um politische Mehrheitsverhältnisse zu verschleiern und Verantwortung für eine mögliche Zusammenarbeit mit der AfD zu vermeiden. Die rechtliche Zulässigkeit steht somit in starkem Kontrast zur politischen Bewertung des Vorgangs, die von vielen als fragwürdig angesehen wird.
Geheime Abstimmung als politisches Manöver?
Die Entscheidung fiel mit 23 zu 22 Stimmen äußerst knapp aus. Durch die geheime Wahl bleibt unklar, wer gegen die Kandidaturen votierte. Mindestens im Fall von Khalil Khalil müssen jedoch auch Stimmen aus dem linken Lager gegen ihn gestimmt haben. Das konservative Lager argumentiert, dass eine demokratische Wahl auch Ablehnungen beinhalten könne.
Besonders scharf kritisierten die Fraktionen der SPD sowie der „GRÜNEN/Die PARTEI“ das Abstimmungsverfahren. Sie sehen darin den Versuch, zu verschleiern, dass konservative Parteien erneut mit der weitgehend rechtsextremen AfD abgestimmt haben. Da die Wahl geheim war, könne nicht nachgewiesen werden, welche Fraktionen für oder gegen einzelne Kandidat*innen gestimmt hätten. Dies ermögliche es konservativen Kräften, eine Zusammenarbeit mit der AfD abzustreiten, obwohl es Hinweise darauf gebe.
Der offene Brief fordert eine Reform des Berufungsverfahrens, damit die Stimme der Menschen mit Migrationsgeschichte in Mannheim nicht durch politische Taktiken entwertet wird. Die Unterzeichnenden sehen in der Einzelabstimmung eine gezielte Maßnahme, um unliebsame Stimmen aus dem Gremium zu entfernen.
Ob der Gemeinderat auf die Forderungen eingeht, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch: Die Entscheidung hat eine breite Debatte über die politische Kultur, die neue unheilige Allianz zwischen liberal-konservativen Parteien und der AfD und den Umgang mit kritischen Stimmen in Mannheim entfacht.
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